Fotos: © Felix Diemer Photography

Susann Beucke und Tina Lutz segeln auf der aktuellen Kieler Woche ein letztes Mal gemeinsam im 49er FX. Als Team werden sie nach 5.611 Tagen in einem Boot am Finaltag der Kieler Woche "servus, tschüß und auf Wiedersehen" sagen.

„Wir hatten eine wunderbare gemeinsame Zeit mit vielen Höhen und lassen die Tiefen achteraus“, erklärt Susann Beucke „ und wenn es am schönsten ist, sollst du zu neuen Ufern aufbrechen.“

Diese neuen Ufer werden für Sanni die Weiten des Meeres sein.

Mit ihrem Faible für das Offshore Segeln hatte NRV Olympic Team Seglerin Susann Beucke nie hinterm Berg gehalten und spätestens seit diesem Frühjahr fand man sie regelmäßig bei Figaro 3-Regatten. Die Klasse gilt als die beste Schule für künftige Solo-Weltumsegler und zählt zu den sehr anspruchsvollen und hart umkämpften Segelklassen.

Seit Anfang Februar trainiert sie daher regelmäßig im französischen Lorient mit den besten Soloseglern. Und die Konkurrenz ist groß. "Hier schenkt sich keiner etwas", erzählt Sanni mit ihrem begeisternden Lachen im ganzen Gesicht. "Schon ab dem Startschuss haben alle das Messer zwischen den Zähnen." Genau das motiviert sie. Beucke ist angetreten, um die Beste zu werden: "Ich werde jeden Tag alles geben, um meinem großen Traum ein Stück näher zu kommen".

Und dieser große Traum heißt: Vendée Globe – Ihr Motto dazu: „This race is female“

Bei der letzten Vendée Globe 2020/2021 segelten sechs Frauen und 27 Männer mit. "Damit waren insgesamt genauso viele Männer auf dem Mond, wie Frauen an der Vendée Globe teilgenommen haben", sagt Beucke. "Da ist noch ganz viel Luft nach oben." Denn gerade beim Hochseesegeln können Frauen zeigen, was in ihnen steckt. Auf den langen Distanzen und bei den schwierigen Bedingungen kommt es vor allem auf Willenskraft, Risikobereitschaft, Abenteuergeist und mentale Stärke an.

"Ich will ein Vorbild sein. Ich will Frauen empowern, genau das anzugehen, von dem sie dachten, es sei unmöglich. Grenzen sind da, um sie zu verschieben. Sei es im eigenen Kopf oder in der Gesellschaft."

Der Weg dorthin wird kein kurzer sein. Sanni hat die Teilnahme an der Vendée Globe 2028/2029 im Visier und hat dafür nun auch einen langfristigen Partner gefunden: den Logistikkonzern DB Schenker.

Dieser schätzt nicht nur Sannis Rolle als empowerndes Vorbild, sondern auch ihr Engagement in Sachen Inklusion, zum Beispiel als Schirmherrin des Projektes 'Gelebte Inklusion auf der Regattabahn'. Aus dem Konzern heißt es: „Wir glauben fest daran, dass in jeder Persönlichkeit etwas ganz Besonderes steckt. Und das gilt es, zu erkennen und zu fördern. Deshalb hat Sannis Engagement, Inklusionssport voranzutreiben, uns restlos überzeugt, einem so vielseitigen Talent auch weiterhin die Möglichkeit zu geben, sich zu entfalten", so Thorsten Meincke, Vorstandsmitglied für den Bereich der globalen Luft- und Seefracht bei der Schenker AG.

Aber zuvor wollen nun erstmal Tina Lutz und Sanni Beucke als Team „unsere Lieblingsregatta in vollen Zügen genießen“.

Auf der Kieler Woche treten sie daher noch einmal mit ihrem Olympiaboot an. Sie werden an durchsichtigen Segeln zu erkennen sein, denn den Wechsel zum neuen FX-Rigg mit schwarzen Segeln macht die Süd-Nord-Kombination schon nicht mehr mit. Beucke: „Deshalb haben wir auch sportlich keine Erwartungen, wollen einfach nur Spaß haben.“ Bei der Klassen-Premiere 2013 siegten Tina Lutz und Susann Beucke, die sich einst auf einer Pressekonferenz der Kieler Woche kennengelernt hatten, genauso wie 2016 sowie zuletzt vor zwei Jahren, kehren also gleichwohl als Titelverteidigerinnen zurück.

Für die Zukunft glaubt Sanni Beuckes Steuerfrau Tina Lutz fest an ihre Vorschoterin:

„Sanni könnte die erste Frau in Deutschland sein, die mit dem Segeln Geld verdient“
Ihren Umstieg ins Offshore-Segeln, die neue Kampagne „This race is female“ und das Vendée-Globe-Ziel beeindrucken Lutz: „Mich würden keine zehn Pferde auf so ein Offshore-Boot kriegen. Aber wenn es jemand schaffen kann, dann Sanni. Sie könnte die erste Seglerin hierzulande werden, die mit dem Segelsport Geld verdient. Das war einmal mein Kindheitstraum. Es wäre ein geniales Zeichen, wenn sie das schafft.“