Ein kleiner Paukenschlag kurz vor Silvester: Ocean Race Topfavorit Kevin Escoffier stellt Sanni Beucke als neues Crewmitglied seines unter Schweizer Flagge segelnden Teams »Holcim-PRB« vor. Die Olympiasilberseglerin wird damit als einzige deutsche Frau am diesjährigen The Ocean Race teilnehmen. Nach Gisela Bunck und Anke Schulz, die im Whitbread Round the World Race 1981/1982 auf der “Walross 3” die vierte Etappe von Mar del Plata in Argentinien über den Atlantik ins britische Portsmouth bestritten, ist Sanni erst die dritte deutsche Teilnehmerin überhaupt in der 50-jährigen Historie des legendären Rennens um die Welt und die erste, die so viele Etappen an Bord sein wird.

Die Regatta führt in sieben Etappen über 60.000 Kilometer rund um die Welt. Sie gilt neben der Vendée Globe als die härteste Prüfung im Segelsport – neu bei der diesjährigen Ausgabe ist, dass nicht nur auf VO 65 gesegelt wird – wie bei den vergangenen beiden Ausgaben – sondern, dass auch Imocas an den Start gehen. Insgesamt sind elf Teams am Start – sechs VO 65 und fünf Imocas. Wie Boris Hermanns »Malizia Seaexplorer« ist auch das Boot von Kevin Escoffier, die »Holcim-PRB« eine Imoca.

Am 15. Januar starten die Teams in Alicante, Spanien. Von dort aus führt sie ihre Route über Südafrika nach Südamerika, an die Ostküste der USA, weiter nach Nordeuropa und schließlich zum Finale nach Genua, Italien.

Sanni wechselte Anfang 2022 zum Offshore-Segeln. Seitdem lebt sie im Segelmekka Lorient an der Westküste Frankreichs. Mit ihrer eigenen Kampagne »This Race is Female« und einer Rennyacht der »Figaro-Klasse« gelang ihr der Einstieg in die neue Welt des Offshore-Segelns. Unterstützt wird sie dabei von ihrem Hauptsponsor DB Schenker. Der NRV, Tobias König, ‚wir sind wir‘ und Bootspunkt gehören zum »Founders Club« der neuen Kampagne.

»Für mich geht damit ein Lebenstraum in Erfüllung«, sagt Sanni zu ihrer Nominierung. »Als die »Illbruck« 2002 als erstes und einziges deutsches Team überhaupt das damalige »Volvo Ocean Race« ausgerechnet in Kiel gewann, war ich mit meiner Familie auf dem Wasser, um sie auf den letzten Meilen zum Sieg zu begleiten. Es waren 300.000 Menschen dort. Es war unglaublich. Damals war ich neun Jahre alt. Seitdem habe ich den Traum, selbst am Ocean Race teilzunehmen. Jetzt geht es bald los. Das ist ein fantastisches Gefühl.«

Sanni Beucke komplettiert das Schweizer Team »Holcim-PRB« (ehemals PRB) unter der Leitung von Segelprofi Kevin Escoffier. Der Franzose hat 2018 bereits das »Volvo Ocean Race« gewonnen und gilt auch für 2023 als einer der Topfavoriten. »Ich bin stolz, dass Kevin mich gebeten hat, seinem Team beizutreten. Wir haben uns diesen Sommer in Frankreich kennengelernt, und er hat mich zu einem Testsegeln mit ihm und seiner Crew eingeladen. Danach habe ich an der »Solitaire du Figaro« teilgenommen. Das ist eine unglaublich anspruchsvolle Regattaserie, die einem alles abverlangt.«

Im Spätherbst fragte Escoffier die deutsche Profiseglerin, ob sie sich vorstellen könne, 2023 nicht nur in der Figaro-Klasse, sondern auch im Ocean Race anzutreten. »Ich wollte das gemeinsam mit meinen Partnern entscheiden und habe mir deshalb Bedenkzeit erbeten«, sagt Sanni Beucke. »Aber sie haben sofort begeistert zugestimmt - auch wenn meine Vorbereitung auf die Figaro-Rennen sicherlich etwas darunter leiden wird. Aber das Ocean Race hat alle begeistert.«

Doch eine Frage bleibt: Warum setzt sie sich dieser körperlichen Tortur mit wochenlangen Entbehrungen in einer Rennyacht aus Carbon aus - ohne Betten und Toiletten? Sie sagt: »Weil es reines Segeln ist. Es wird unglaublich hart werden. Das ist schon klar. Ich glaube, es liegt in meiner Natur, dass ich in meinem Sport meine Grenzen austesten will. Als Olympionike musste ich alles geben, um am Ende erfolgreich zu sein. Ich habe gelernt, Herausforderungen als Chancen zu sehen. Es kann alles passieren, vor allem im Südpolarmeer. Nur eines ist sicher: Ich werde reifer zurückkommen.

https://www.theoceanrace.com

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