2022 war ein Drachen am Start - das könnten nächstes Jahr mehr werden!   Start der Glueckstadtregatta 2022  © Pepe Hartmann

Zum 72. Mal luden HSC und NRV am Wochenende 14./15. Mai 2022 zur traditionellen Glückstadt-Regatta. Eine Wochenendregatta auf der Elbe, wie sie besser nicht sein könnte. Ein Klassiker seit 1948, der schon immer von HSC und NRV gemeinsam ausgerichtet wird. Die Spielregeln sind einfach: Am ersten Regattatag geht es von Wedel ins schöne Glückstadt, am zweiten Tag von Glückstadt retour.

Das Tidenrevier Elbe bestimmt dabei mit kräftiger Strömung nicht nur die Startzeiten, sondern auch das Tempo, mit dem die teilnehmenden Yachten erst elbab- und danach elbaufwärts fahren. Revierkenntnisse sind nicht nötig, wohl aber eine aktuelle Karte der Elbe oder eine Navi-App. Und nur weil ausgewiesene Elbfüchse, die mindestens in dritter Generation auf dem Fluss segeln, auch den letzten stromabgedeckten Winkel hinterm Querstack ausfahren, heißt das noch lange nicht, dass sie mit dieser Taktik auch ganz weit vorne sind. Um bei dieser Regatta zu punkten, bedarf es weniger knapper Tonnenrundungen als echter Seemannschaft. Und bei der Tonne 86 vor Bielenberg ist es auch nicht entscheidend, wer Innenraum hat, sondern sie an Backbord zu lassen.

Für Alstersegler ist das Segeln auf dem Tidenrevier Elbe genauso neu wie die reichhaltige Tierwelt, die der Fluss zu bieten hat. Muntere, neugierig auf dem Wasser äugende Seehunde begleiten die Yachten oft ein Stück des Weges, genauso Schweinswale, die sich in der salzhaltigen Elbe äußerst heimisch fühlen. Auf Tuchfühlung mit diesen Einwanderern aus der Nordsee zu segeln macht die Regatta zu einem besonderen Erlebnis. Genauso wie das Passieren von beeindruckenden Containerriesen, historischen Touristenschiffen, schlürfenden Saugbaggern und malerischen Elbinseln wie Pagensand.

Wir sind Fans vom traditionsreichen Rennen auf „unserer“ Elbe und waren dieses Jahr zum wiederholten Mal mit unserem Drachen dabei. Leider waren wir nicht nur der einzige Drachen im Feld, sondern auch das einzige Schiff, das unter dem Stander des mitveranstaltenden NRV dabei war.

Dabei ist der Drachen mit seinem Langkiel, von Johan Anker für das Segeln mit kleiner Crew im schwedischen Schärengarten und auf der Ostsee entwickelt, für die kräftige Dünung auf der Elbe und kabbelige Wellen perfekt geeignet. Zuweilen wischt die eine oder andere Welle über das Vorschiff, wenn das Schiff - bei beständigem Westwind – gegen Glückstadt kreuzt und lässt ein bisschen Offshore-Feeling aufkommen.

Ohne echte Sparringspartner auf der Bahn fiel es uns während des Rennens schwer, ein Gefühl dafür zu entwickeln, ob der Speed stimmt oder nicht. Die schnellen Elb-H-Jollen zeigten sich als ebenbürtige Gegner, während der einzige teilnehmende FD im Feld rasant an allen vorbeizog. Die großen Yachten der zweiten Startgruppe, die eine längere Bahn segeln mussten, kamen zügig von hinten auf, nahmen uns kurzfristig Wind und Sonne und waren dann auch schon weit voraus aber im Ziel wieder hinter uns, sie mussten bis zur Störmündung kreuzen.

Eine Tonne nördlich der Rhinplate musste noch genommen werden, bevor wir unter Spi ins Ziel fahren konnten, um kurz darauf in dem kleinen Hafen festzumachen. Dort wartete bereits Martin Borkmann, der nicht nur mit einem Hänger alle Taschen und Seesäcke der Teilnehmenden von Wedel nach Glückstadt gebracht, sondern auch – für viele wichtiger – ein Fass Bier nebst Zapfanlage direkt vor Ort aufgebaut hatte. Gemütlich auf der Pier stehend klönten die Teilnehmer über das Rennen, die verschiedenen Schiffstypen und die Freude, die es immer wieder bereitet, auf der Unterelbe unterwegs zu sein.

Was macht den Reiz dieser Regatta aus? Die immer unterschiedlichen Wetter- und Windverhältnisse. Wir haben auf dem Weg nach Glückstadt schon gefroren und uns so weit wie möglich ausgezogen. Wir haben bei ordentlich Hack schon eimerweise Wasser aus dem Schiff geschöpft und bei bleierner Flaute dank der Tidenströmung immer noch ordentlich Fahrt durchs Wasser gemacht. Wir haben in Glückstadt köstlich zu Abend gegessen und auf dem Dorfplatz in den Mai getanzt. Immer dabei: Die vertraute Community der eingefleischten Elbsegler und Glückstadt-Regatta Veteranen.

Mitmachen kann jeder mit einem reviergeeigneten Schiff. Vom Laser Stratos über ein Folkeboot bis zu den bekannten Dickschiffen „Pax“ und „Elan“ und sogar die „Kühnezug Goldkatze“ – sie waren alle dabei. Und haben ein Rennen entlang der Elbe genossen, das mit seinem familiären Beiprogramm wie einem gemeinsamen Abendessen und Frühstück nicht besser sein könnte.

Übernachtungsmöglichkeiten bietet die Stadt mit dem historischen Marktplatz und den romantischen Kandelabern für jeden Geldbeutel und Geschmack: Von der modernen Jugendherberge mit dem besten Ausblick über die Hafen, Brückenhaus und Salzspeicher, bis zum eleganten kleinen Boutique-Hotel reicht die Auswahl in dem kleinen Städtchen, das 1617 von dem Dänenkönig Christian IV. als Konkurrenz zum prosperierenden Hamburg gegründet wurde.

So, liebe Alster-(Drachen-)segler, nun kommt der Werbeblock. Wir haben dieses Jahr mit unserer „Iskareen“ die Wertung der kleinen Yachten mit einem Yardstick ab 107 gewonnen. Klar, dass wir unseren „Glückstadtbecher“, den Wanderpreis für die schnellste Kielyacht der kleinen Startergruppe, nächstes Jahr verteidigen wollen. Gerne gegen den einen oder anderen Clubkameraden aus dem NRV, insbesondere aus der Drachenklasse. Wir zählen auf euch. Und versprechen mal ganz vollmundig, ab fünf Drachen auf der Startlinie einen Preis zu stiften.

Text: Sandra-Valeska Bruhns/ GER-1111 „Iskareen“

Fotos (v. li): Zwischen Containerschiffen nach Glückstadt - Auf dem FD zum Gesamtsieg in der Yardstickwertung: WD Jahn mit Stefan Zeyse - neben den OCR (hier gewann die Baum Familie mit ihrer Swan "Elan") sind gerade auch die Elb-H-Jollen beliebte Regatta-Teilnehmer. (©Pepe Hartmann)