Jesse Lindstädt und Jara Seide rauschen übers Wasser auf der Kieler Förde © Sven Jürgensen

Bis vor einigen Wochen war das Segeln in Schleswig-Holstein gar nicht möglich, zumindest für diejenigen, die, wie ich, aus einem anderen Bundesland kommen. Glücklicherweise wenden sich die Dinge in solch ungewissen Zeiten schlussendlich doch wieder zum Guten. Für uns bedeutet das, dass wir das Training an der Ostsee wieder aufnehmen können. Für Andere bedeutet das, endlich wieder einige schöne Wochenendtage an Strand und Meer verbringen können.

Dinge, die vor ein paar Wochen noch undenkbar waren, sind wieder Realität geworden. Dafür bin ich sehr dankbar!

Wie einige von euch wissen, bin ich in diesem Jahr vom Nacra 15 Katamaran in den olympischen Nacra 17 umgestiegen. Der einzigen olympischen Segelklasse, die auf „Foils“ wortwörtlich über den Regattakurs fliegt! Dementsprechend aufgeregt war ich endlich aufs Wasser zu gehen und die ersten Flugstunden zu absolvieren.

Sonntag vor zwei Wochen war es dann soweit: bei optimalen Foiling-Bedingungen, circa 15-20kn Wind und flachem Wasser hieß es: „ready for takeoff“. Zusammen mit Jara Seide, einer ehemaligen 470er Seglerin, flogen wir vor Schilksee über die Kieler Bucht. Das Gefühl übers Wasser zu fliegen ist unbeschreiblich. Die Foils sind laut und die Wellen werden einfach überflogen. Bis zu dem Punkt, bei dem man es ein bisschen zu weit treibt, man zu hochfliegt und abrupt die Strömung abreist. Die Wucht, mit der wir aus unserem sicheren Stand geschleudert werden, macht klar, wie schnell wir gerade waren.

Die Lernkurve ist immens!

Von Minute zu Minute erhöht sich das Gefühl für die Pinne, wie reagiert das Boot auf welche Steuerbewegung. Wie verhält es sich beim Anluven und beim Abfallen und welche Auswirkungen haben verschiedene Segeltrimms. Alles Fragen, die nur durch intensives Training und viele Wasserstunden beantwortet werden können.

Ich könnte non Stop auf dem Wasser sein, testen, dazu lernen und ohne Pause übers Wasser fliegen. Die Vorschotter sind da aber meist anderer Meinung. Der Druck auf der Gennakerschot ist riesig und nicht mal an der Kreuz gibt es Zeit zum Erholen, denn hier muss durchgehend der Segeltrimm über die Großschott adaptiert werden. Alles in allem habe ich es an der Pinne um einiges leichter. Deshalb ist es wichtig auf die Kraftreserven der Vorschoterin zu achten, denn Konzentrationsvermögen ist entscheidend im Nacra 17 und das schwindet mit fortschreitender Ermüdung der Muskulatur. Ab dann kann das Boot zur gefährlichen Waffe werden.

Vergangenen Sonntag hatten wir dann das Glück, wirklich beeindruckende Fotos von uns zu bekommen (siehe unten). Zusammen mit meinem Vater und Trainer, Sven Lindstädt, gesellte sich Sven Jürgensen an Bord des Trainer-Boots. Sven lag in einigen (vermutlich nicht ganz angenehmen) Positionen im Schlauchboot, um das perfekte Foto zu schießen, während wir im Nacra 17 bei schätzungsweise 17 bis 20 kn Boot-Speed hinterher rasten.

Auch wenn dies erst Jara und mein drittes gemeinsames Training auf dem Nacra 17 war, gelang es uns auf allen Kursen verhältnismäßig konstante Flugphasen zu segeln. Der Wind war böig aus Süd-Ost kommend und der Nacra nicht leicht im „Handling“. Wir erreichten den Top-Speed von 25kn „downwind“, wie meine Garmin Smartwatch an Land anzeigte.

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal beim NRV und besonders beim Olympic Team und allen Beteiligten für die großzügige und leidenschaftliche Unterstützung bedanken! Und einen herzlichen Dank an Sven Jürgensen für die tollen Bilder.

Einige von euch treffe ich regelmäßig in Kiel und alle anderen hoffe ich im Rahmen des NRV Treffpunkts bald wieder zu sehen!

Bis dahin und sportliche Grüße!

Jesse

Von Jesse Lindstädt (NRV Olympic Team)