Das Ostertraining in Kiel – Schilksee war wie jedes Jahr sehr wertvoll und ein gelungener Einstieg in die neue Saison. Unser Neuzugang aus der NRV Jugend: Anton Germershausen war das erste Mal an Bord einer Melges und hat einen exzellenten Job an Bord gemacht.

Am 29. April sind wir mit einer 20 stündigen Fahrt zu unserem ersten Melges World League Event 2022 aufgebrochen. Die Unterbringung war ein Glücksgriff. So konnte das gesammte 8 Köpfige Team in einem italienischen Landhaus ein paar Kilometer im Landesinneren unterkommen. Die Trainingstage vor Ort verliefen bei fantastischem Wetter mit leichten bis mittleren Winden und jeder Menge Sonne. Am Mittwoch fand das obligatorische Pratice Race statt.
Hier kam es zum einem neuen Novum in der Melgesklasse: wir nutzen seit dieser Saison die „Roboter / Dronen“ Tonnen von Smartmarks. Die Tonnen müssen nicht mehr am Meeresgrund verankert werden, sondern halten sich GPS gestützt durch Motoren auf der Stelle. Keine Ankerleine mehr, die am Kiel hängen bleiben kann. Kein vertreiben der Tonnen. Und wahrscheinlich das wichtigste Argument: Der ganze Kurs kann bei einer Winddrehung Vor oder auch während eines Rennens in kürzester Zeit verlegt werden. Gesteuert von einem iPad. Willkommen im 21 Jahrhundert.

Nach vielen Wasserstunden und dem letzten Tuning Maßnahmen war das Highlight an Land ein Pizza Abend im Landhaus. Der Steinofen im Garten wurde zum Glühen gebracht und heraus kamen herrliche Pizzen für das komplette Team. La dolce Vita.

Nun zum Höhepunkt der Woche: Die Rennserie. Geplant wurden Donnerstag und Freitag je 3 Rennen und Samstag nochmal 2 Rennen zu segeln.

Donnerstag: Der erste Renntag. Bei mittleren Winden um die 10-12 Knoten haben wir wie geplant drei Rennen gesegelt. In unglaublich engen Rennen, die das One Design segeln so spannend machen, mussten wir auf Grund kleiner Fehler mit drei fünften Plätzen zurück in den Hafen segeln…
Das ungarische Team Farfallina hingegen legte einen fulminaten Start in die Saison hin. Drei erste Plätze am ersten Tag. Eine intensive Nachbesprechung der Rennen am Abend zeigte am Tag zwei seine Wirkung. Kämpferisch gingen wir die Rennen am Freitag an. Drei Rennen waren angesetzt, die Bedingungen wechselhaft und tricky. Von Leichtwind bis zu 18 Knoten war alles dabei – inklusive zahlreicher Regenschauer, kein Problem für uns Nordlichter. Im ersten Rennen des Tages kamen wir nicht ganz optimal vom Start weg, konnten uns aber über die rechte Kreuzseite die Führung an der ersten Bahnmarke erkämpfen. Über die folgenden drei Bahnschenkel konnten wir die Führung verteidigen und unseren ersten Rennsieg der Saison nach Hause fahren. 

Beflügelt vom ersten Rennen starteten wir mit einem sauberen Nullstart ins zweite Rennen und segelten unseren Weg zur ersten Wendemarke fehlerfrei. Die erneute Führung für Team HEAT. Beim Setzen des Gennakers dann eine kurze Schrecksekunde. Ein Stück Tuch des dünnen Gennakers verklemmte sich zwischen den Wanten und erzeugte handgroßer Riss im Segel. Auf die Gesamtfläche des Segels ein quasi winziges loch, aber die Gefahr, dass sich der Riss von dort fortsetzt und das gesamte Segel zerreißt, dramatisch! Zu allem Überfluss nahm der Wind auf den folgenden Kursen auch noch auf die bis zu angesagten 18 Knoten zu. Das Segel hielt und wir konnten unsere Führung kontinuierlich ausbauen. 

Zweites Rennen, zweiter Sieg! 

Und: wir haben Alberto Rossi auf seiner neuen Melges32 Enfant Terrible geschlagen. Und eben dieser hatte niemanden geringes als Vasco Vascotto als Taktiker an Bord. Eine lebende Legende - Fünfundzwanzig (25!) Weltmeistertitel in hochkarätigen Klassen wie Farr40, RC44 und TP52.

Ganz zu schweigen von der zweifachen Teilnahme als Taktiker am Americas Cup beim italienischen Rennstall Luna Rossa. Dass die Rossis auch selbst ganz gut segeln können, haben Vater und Tochter unter anderem in der J70 Klasse bewiesen. Die beiden haben in den Jahren 2018 und 2019 unabhängig voneinander die J70 Europameisterschaft für sich entscheiden können. Das wir dieses Profi- Team auf seinem Heimatrevier deutlich hinter uns lassen konnten – that is quite a thing!

Würden wir den Hatrick der Ungarn vom Vortag wiederholen können? Trotz eines guten Starts ins dritte Rennen, mussten wir uns zwei Teams geschlagen geben und schlossen den Tag mit einem 3 Platz ab. Ein Wahnsinnstag und eine großartige Teamleistung. Der Blick auf die Ergebnisliste nach 6 Rennen mit einem Streicher: Wir liegen auf Platz 2 in der Corinthian Wertung und auf 3 in der Gesamtwertung, punktgleich mit dem Zweiten! Einen Punkt Vorsprung auf den vierten. Theoretisch wäre trotz des suboptimalen ersten Tag sogar noch der Erste Platz möglich. Der Samstag würde also noch mal richtig spannend werden, grade da die Bedingungen als unstet vorausgesagt wurden. Bei solchen Bedingungen kann alles passieren, positiv wie negativ.

Der Wind hatte sich die Nacht über ausgetobt und am Morgen komplett abgeflaut, dafür eine alte Welle hinterlassen, hinzu kam Regen. Der Horror aller Segler, dankenswerter Weise verkündete die Wettfahrtleitung Startverschiebung an Land, bis sie die Rennen für den letzten Tag komplett absagten. Keine Änderungen mehr im Gesamtklassement, nach 6 packenden Rennen werden wir dritter Overall und zweiter in der Amateurwertung! Ein gelungener Saisonauftakt, auch wenn noch mehr drin gewesen wäre. Wir sind hoch motiviert für das kommende Event in Gaeta Anfang Juni (09.-11.)

Das Boot steht bereits vor Ort, unsere PBO Wanten haben wir mit nach Hamburg nehmen müssen. Beim Abbauen und verladen der Melges haben wir an dem sensiblen Material leider ein paar Beschädigungen feststellen müssen. Ein Tausch der Wanten wird vermutlich teuer, aber bleiben wir positiv: Es ist Glück im Unglück, defekte Wanten könnten auch schnell zu einem Mastbruch führen und eine ganze Regattaserie verhageln.

Wir wünschen allen wunderschöne Segeltage und verbleiben mit herzlichen Grüßen
Eurer Team HEAT

Fotos: ©Felix Diemer