Fotos: ©Melges Europe


»Max sitzt neben mir im Flieger, es geht nach Hause. Ungläubig starrt er auf die Ergebnisliste: Corinthian Weltmeister, vierter über alles, nach 10 packenden Rennen punktgleich mit Platz zwei und drei. Zwei winzige und doch alles entscheidende Punkte fehlen uns auf den ultimativen Titel.

Im Gegensatz zum letzten Jahr gibt es kein dominierendes Team mehr. Vielmehr ist es so eng an der Spitze, wie in den letzten Jahren nicht. Alle Teams sind, uns ausgenommen, in der Serie mindestens einmal letzter geworden. Auch der Weltmeister. Zwei verdammte Punkte!

Ich sehe die Situation vor meinem inneren Auge, Max vermutlich auch: Rennen 5, wir führen auf dem letzten Downwind, die Halse wird zu leise angesagt, wir müssen das Manöver abbrechen und werden dritter. Rennen 6, wir waren am Start zwei, vielleicht drei Sekunden zu spät und kommen auf dem schiefen Kurs nicht über einen sechsten Platz hinaus. Es gibt zig Chancen die Weltmeisterschaft nicht zu gewinnen und nur wenige es doch zu tun. Und wir waren so verdammt dicht dran!

Tag drei der WM, wir gewinnen nach einer fulminanten zweiten Kreuz mit Vorsprung das achte Rennen der Serie. Die Rechenschieber in den Köpfen rattern. Die WM ist fast vorbei, 80% sind geschafft, und wir haben gerade die gesamt Führung, in dem sonst von Profi-Teams dominierten Feld, übernommen! Ruhig bleiben! Leichter gesagt als getan. Beim folgenden Rennen passt das Timing am Start nicht ganz und trotz gutem Boatsspeed werden wir sechster. Bitter.

Samstag, letzter Tag und das letzte Rennen. Wir gehen auf Platz 3 liegend in den Show Down. Nach 9 Rennen: Platz 1 und 5 trennen gerade einmal 5 Punkte! Rechnerisch kann heute noch alles passieren. Und dann der Wetterbericht:

Acht knoten am Morgen, dann stündlich um fünf Knoten zunehmend, auf bis zu 28kn versprechen die Wettermodelle. Aus einer Richtung die wir noch nicht kennen. Auf dem Race Course angekommen, segeln wir uns bei lockeren 12-14 Knoten ein. Der Wind springt kurz vor dem Start erst auf 16, dann auf 18 und zurück auf 16kn. Wir entscheiden uns für die Heavy Jib, deren Crossover bei 18kn plus liegt. Alle anderen Teams bleiben auf der Medium. Am Start sind wir eventuell leicht unterpowert, aber wenn die windvorhersage auch nur halbwegs passt, und so sieht es aus, stehen wir mit der Heavy besser da.

Wir kommen am Start nicht optimal los, müssen wegwenden, über die rechte Kreuzseite kommen wir als vorletzte an der erste Bahnmarke an. Seit der Hälfte der ersten Kreuz sehen wir konstant über 20kn. Die Crew hängt sich die Seele aus dem Leib. Beim Runden der Marke legt der Wind auf 30kn zu. Die ersten Teams jagen bereits unter Gennaker Richtung Leegate. Three, two, one, hoist. Unser Gennaker ist oben und kommt mit einem Knall zum Stehen. Es geht ein Ruck durchs Boot und die Speedanzeige klettert, 17, 18, 19, 20, 21, 22kn… über uns zerlegt es die Ungarn und dann sind wir auch schon auf der Layline zu den Leetonnen. Diese eine Halse muss sitzen. Bäm. Und schon hämmern wir weiter Richtung Gate. Unten angekommen sind wir dran am Feld. Noch ein letzten Mal Hängen was das Zeug hält. Bei den Bedingungen bleibt keine Zeit über das gesamt Klassement nachzudenken. Das ist auch gut so. Wir kommen als Dritte an die Luvmarke.

Noch einmal Vollgas. Wer kann, steht im Heck und sorgt dafür, dass sich der Bug nicht zu tief in die nächste Welle bohrt.

Als starker dritter geht’s über die Ziellinie und es wird uns klar: die Reihenfolge der Zieldurchgänge ist so ziemlich die unglücklichste die uns passieren konnte. Die am Vortag noch viert und fünft platzierten schieben sich heute auf Platz 1 und 2 liegend, mit Punktgleichheit auf Platz 2 und 3 an uns vorbei. Der führende Norweger Lasse Petterson kann sich trotz eines gebrochenen Unterwants mit einem vierten Platz im letzten Rennen knapp den Titel sichern. Herzlichen Glückwunsch!

Auch wenn es sich nach der kurzen Führung im gesamt Klassement wie eine Niederlage vorkommt, realisieren wir bei der Siegerehrung, dass wir den Corinthian Weltmeister Titel gewonnen haben. Als Amateurteam werden wir gesamt vierter, punktgleich mit den Profis auf Platz 2 und 3, läppische zwei Punkte hinter dem neuen Weltmeister.

Vielen Dank für all eure Nachrichten und den Ansporn über die Renntage!

Euer Team HEAT«