Am Mittwochabend, um 23:18 Uhr, setzte Boris Herrmann den Schlusspunkt unter seine zweite Vendée Globe und überquerte als 12. die Ziellinie vor Les Sables d'Olonne. Nach 80 Tagen, 10 Stunden, 16 Minuten und 41 Sekunden auf offener See musste der Skipper zunächst auf das Abflauen von Wind und Welle warten, bis er am nächsten Tag zusammen mit seinem Team den Kanal nach Les Sables d’Olonne passieren konnte.  Jubelnde Menschen bereiteten dem deutschen Ausnahmesegler einen emotionalen Empfang. 

„Ich fühle mich großartig und erleichtert“, sagte Herrmann kurz nach der Ankunft und strahlte vor Freude. Diese Segelregatta, oft als der „Everest der Meere“ bezeichnet, gilt als eine der größten Herausforderungen im Sport. In der Geschichte des Rennens haben nur 114 der 200 gestarteten Teilnehmer das Ziel erreicht; Herrmann hatte 2021 Geschichte geschrieben, als er der erste deutsche Segler war, der an diesem prestigeträchtigen Event teilnahm.

Herrmann legte während seiner zweiten Vendée Globe unglaubliche 29.201 Seemeilen zurück und erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 15,13 Knoten. 

„Das Niveau der gesamten Flotte hat sich verbessert“, hatte Herrmann vor dem Rennen betont. Diese Vorahnung bewahrheitete sich, als er zahlreiche Schlüsselmomente erlebte, darunter eine seiner spektakulärsten Passagen von Kap Hoorn. Die mentale und physische Belastung forderte ihren Tribut, vor allem als er während der letzten Wochen mit technischen Problemen kämpfte. 

Es gab viele Schlüsselmomente während des Rennens des deutschen Seglers, der nun sechsmal (als Crewmitglied und im Alleingang) um die Welt gesegelt ist, darunter eine weitere Kap-Hoorn-Überquerung, die siebte in seiner Karriere. Eine symbolträchtige Etappe im „Rennmodus“ für den Skipper, der sie nur 31 Sekunden vor Paul Meilhat (Biotherm) umrundete. Der harte Wettbewerb in Verbindung mit unvorhersehbaren Wetterbedingungen strapazierte die Nerven der Teilnehmer, die über die Meilen hinweg mit einer Reihe von Szenarien zurechtkommen mussten.

Obwohl die Wetterbedingungen nicht die gleichen waren wie 2020-2021 und das Bootsdesign nicht immer der entscheidende Faktor war, spielte Malizia - Seaexplorer in den anspruchsvollsten Phasen eine Schlüsselrolle. Das auf Geschwindigkeit ausgelegte Boot war viel stabiler, sodass Boris Herrmann während des gesamten Rennens wettbewerbsfähig blieb und mit Skippern wie Justine Mettraux, Samantha Davies und Paul Meilhat in Kontakt blieb. 

Nachdem Boris Herrmann jedoch mehr als drei Viertel der Vendée Globe mit minimalen Problemen überstanden hatte, musste er in den letzten drei Wochen eine Reihe von Rückschlägen hinnehmen. Obwohl es sich dabei um technische Herausforderungen handelte, die seine Chancen auf eine Zielankunft hätten gefährden können, gelang es ihm dran zu bleiben und am Ziel festzuhalten. 

Zunächst musste er den 29 Meter hohen Mast erklimmen, um ein kritisches Problem mit der Takelage zu beheben. Kurz darauf beschädigte ein Blitzschlag in der Nähe wichtige Systeme, und der Haken seiner J2 brach, wodurch sein meistgenutztes Vorsegel unbrauchbar wurde, bis es ihm gelang, es zu reparieren, was einen weiteren Aufstieg auf den Mast erforderte. Trotz dieser Herausforderungen behielt Boris Herrmann eine starke und positive Einstellung bei. „Das Tolle am Vendée Globe ist, dass man tief in sich hineinhorcht, um neue innere Ressourcen zu finden. Wenn man sich komplexen Herausforderungen stellt, entdeckt man überraschende Dinge an sich selbst.“

Unbeugsam gab Boris Herrmann nie auf, selbst nach seiner Kollision mit einem OANI (unbekanntes Tier oder Objekt), bei der am 16. Januar sein Backbord-Foil beschädigt wurde. Da er wusste, dass sein Boot nicht mehr so wettbewerbsfähig sein würde, und befürchtete, dass sich das Foil, das er gesichert hatte, bewegen und den Rumpf beschädigen könnte, musste er seine Ziele schnell auf „sicher nach Hause bringen“ umstellen. 

Kurz darauf zwang ihn ein gewaltiger Sturm in der Biskaya mit Böen von über 65 Knoten und Wellen von 8 bis 10 Metern in den letzten Tagen des Rennens zur Verlangsamung, was die ohnehin schon anstrengenden Wochen noch verschlimmerte. Etwas mehr als drei Stunden vor der Zieldurchfahrt schickte Boris Herrmann ein Foto von einem Riss in seinem Hauptsegel. Er witzelte: „Nur um die Sache noch ein bisschen spannender zu machen. Wir wollen doch nicht, dass das Ende dieses Rennens langweilig wird, oder?“ Wie er schon oft gesagt hat: „Es beweist, dass nichts vorbei ist, bis die Ziellinie erreicht ist!“

Die Ankunft in Les Sables d’Olonne war ein wahrhaft emotionaler Moment. Herrmann wurde von seiner Frau Birte, seiner Tochter und dem gesamten Team Malizia in den Arm genommen. „Es gibt Dinge, die ich vermissen werde, wie die unglaubliche Schönheit der Natur. Aber ich habe mich besonders auf diese emotionalen Momente gefreut, auf das Wiedersehen mit Menschen“, sagte Herrmann sichtlich gerührt.

„Was für eine fantastische Energie hier entlang des langen Kanals, durch den wir segeln“, sagte Boris Herrmann heute. “Viele tausend Menschen sind wirklich begeistert, feuern uns an, basteln kleine Plakate, halten Banner und Fahnen, viele auch deutsche Flaggen. Es ist erstaunlich zu sehen, wie viel Begeisterung dieses Rennen hervorruft.“

„Es gibt Dinge, die ich vermissen werde, die unglaubliche Schönheit der Natur. Aber ich habe mich besonders auf diese emotionalen Momente der Ankunft gefreut, vor allem auf die Rückkehr in die Welt, das Wiedersehen mit Menschen und das Wiedersehen mit Freunden und Familie.“ 

Vendée Globe III hat er dabei auch schon ins Visier genommen: "dann hoffentlich mit Podiumsplatzierung".