Carl Friedrich Schott, besser bekannt als „Schotti“, wurde beim German Ofshore Award mit dem Life Time Award für sein außergewöhnliches seglerisches Lebenswerk ausgezeichnet. Der 78-jährige gilt als Urgestein des Awards und war über 15 Jahre lang der Grandseigneur dieser prestigeträchtigen Verleihung. Seine Karriere erstreckte sich über Jahrzehnte, in denen er als internationaler Wettfahrtleiter zahlreiche Regatten leitete. Ein herausragendes Highlight war seine Rolle als Wettfahrtoffizieller bei den Olympischen Spielen 1972 in Kiel.
In einer bewegenden Laudatio ging NRV und HVS Mitglied Nikolaus Kern auf die beeindruckende Lebensgeschichte von Schotti ein. „Schotti – gefühlte 100 Jahre deutsche Geschichte der Segelei“ lautete der eindringliche Titel seiner Würdigung.
Die Reise, so Kern, begann im Tonnenhafen der 1950er Jahre, wo die Boote der Nachkriegszeit auf die ersten Segler warteten. Schotti war von Anfang an dabei, und die Pfingstregatten nach Cuxhaven und Helgoland prägten seine frühen Jahre auf dem Wasser. Kaum eine große Regatta, bei der er nicht dabei war.
Mit dem Eintritt in das Berufsleben schien Schotti zunächst einen Rückschritt in seiner Segelkariere zu machen, jedoch entdeckte er bald sein Talent für das Regattaleiten.
Schotti, so der Laudator, war bekannt dafür, Menschen zu inspirieren und zusammenzubringen. Sein weitreichendes Netzwerk und seine diplomatischen Fähigkeiten halfen, Spannungen zu entschärfen und Projekte zum Erfolg zu führen. Bei den Olympischen Spielen 1972 wurde ihm die komplizierte Aufgabe anvertraut, die politischen Beziehungen zu koordinieren – eine Entscheidung, die Berthold Beitz nicht bereuen konnte.
Seine Erfahrung machte ihn sowohl in Deutschland als auch international zu einem gefragten Wettfahrtleiter. Mit seiner Zugehörigkeit zum Royal Ocean Racing Club und den Verbindungen zur britischen Admiralität hat Schotti entscheidend zur internationalen Segelgemeinschaft beigetragen. Trotz seines Ruhms hielt er nie inne, weiterhin engagierte er sich für die Segelei und die Entwicklung kultureller und historischer Projekte, unter anderem im Maritimen Museum.
„Hast Du eine Frage zur Geschichte des Segelns – frage ihn“, erklärte der Laudator und betonte die Bedeutung von Menschen wie Schotti. Seine Hingabe und sein unermüdlicher Einsatz sind Garanten dafür, dass die Begeisterung für den Segelsport lebendig bleibt und Regatten weiterhin stattfinden können.
Der Abend der Verleihung bot schließlich eine unerwartete Wendung: Der eloquente Schotti, bekannt für seine Redefreudigkeit, fand sich angesichts der gelungene Überraschung mit der Würdigung seiner Person vor der Menge sprachlos wieder: “Jetz bin ich sprachlos” bedankte sich der sichtlich gerührte Grandseigneur des German Offshor Awards für den Life Time Award.
Laudatio von Nikolaus Kern:
Schotti – gefühlte 100 Jahre deutsche Geschichte der Segelei
Sehr verehrte Damen und Herren,
Als ich gebeten wurde heute und hier eine Laudatio auf unseren diesjährigen Preisträger zu halten, war meine erste Frage: wie umfangreich soll das werden? Die lapidare Antwort: Du darfst über alles reden, nur nicht über 5 Minuten!
Daher erlauben sie mir, dass ich auf die üblichen Begrüßungen verzichte und ich mich diesbezüglich nur meinen Vorrednern anschließe.
Unser Preisträger in 5 Minuten? Eigentlich unmöglich, denn unser Preisträger hat in seiner seglerischen Laufbahn mehr erlebt, als in 5 Minuten zu würdigen ist.
Begonnen hatte alles im Tonnenhafen. Den kennt heute kein Mensch mehr, der nicht damals in den 50iger Jahren über glitschige Wege zu den Schiffen seiner Väter geeilt ist. Dort lagen damals die Boote, die nach dem Krieg segeln konnten. Wir alle haben in unserer Naivität damals gedacht, dass das Yachten waren. Gegenüber heute na ja. Yacht WCs waren eine Seltenheit. Ich erinnere mich eher daran, wie eine Pütz das Mittel der Wahl war.
Einige der damals dort liegenden Yachten waren die „Wappen von Hamburg“ von Vater Timm, die „Mungo“ von Vater Schott, die „Königin“ Löffler, die „Hobby“ von Vater Reith und viele andere bekannte Yachten, auch die „Kismet“ meines Vaters lag dort. Hier begann also das seglerische Leben unseres Preisträgers. Er war immer dabei.
Pfingsten – jedes Jahr dieselbe Tour. Nachtregatta nach Cuxhaven, ab und zu die Tiefen der Elbe ausgelotet, dann am nächsten Tag nach Helgoland. Helgoland Rund am Pfingstsonntag mit den Bremern. Erstaunlicherweise konnten die auch segeln, man glaubte es ja nicht. Am Montag wieder retour in die Elbe. Und jeden Pfingsten dasselbe. Nach einigen Jahren gings dann am Montag nicht mehr in die Elbe, sondern Rund Skagen. Meistens war es kalt, verflixt kalt und das gelben Ölzeug von damals – Bibbermann und Söhne.
Dann kam die Kieler Woche mit Eckernförde und Senatspreis, schnell wuchs er zu einem einsetzbaren Genua- und Großschottrimmer, Spischot und Spiauftucher heran, sogar rudergehen wurde ihm zugetraut. Dann ging es zu Skaw Race und Gotland Rund.
1966 dann 100 Jahre Königlich Dänischer Yachtclub, Kiel-Marstrand, das waren die Regatten, an denen er teilnahm. 1968 gab es die Jubiläums Transatlantik Regatta zum 100sten des NRV.
Und unser Preisträger war immer dabei.
Die Segelei auf den Ostsee Regatten hat er bis in die Mitte der 70iger Jahre fröhlich fortgesetzt. Lehre und Studium waren eher dafür da, die Zeit zwischen den Regatten nutzbringend zu füllen.
Schon damals hatte er den Hang zum Regatta leiten und dergleichen nützlichen Aufgaben entdeckt.
Mit Eintritt in das Berufsleben reduzierte sich die Segelei fast bis zur vollen Amputation, Schlei-Faaborg war auf einmal ein langes Stück.
Also hat sich unser Preisträger dem Starbootsegeln verschrieben und auch sein Hang zur Wettfahrtleiterei brach wieder durch. Allerherzlichsten Dank für die vielen 100 Starts, die Du immer gut über die Bühne gebracht hast, auf Alster, Travemünde und Kiel.
Eine kleine Anekdote: Auf einer Party bei unserem Segelkameraden Aust gelang es ihm, mir klar zu machen, dass es nicht schöneres am darauffolgenden Sonntag geben würde, als mit ihm eine Starbootregatta als sein Vorschoter zu segeln. Man muss wissen, dass zu dieser Zeit für mich das Segeln erst dann richtig schön war, wenn die Yachten eine gewisse Größe hatten, so dass ich auch neben meinem Rudergänger an Deck stehen konnte. Zu meinem und ich glaube seinem Glück, stellten wir beim Segel setzen fest, dass das Boot einen Schaden am Großmast hatte und die Regatta für uns ausfiel. Warum erzähle ich diese kleine Anekdote? Sie ist bezeichnend für einen Charakterzug unseres Preisträgers:
Er versteht es immer wieder, seinen Gegenüber davon zu überzeugen, dass die Teilnahme an einer Regatta oder einem Projekt einen hohen Mehrwert erbringt. Und mit dieser Gabe hat er bei vielen Projekten das Ruder in der Hand gehabt und diese zum Erfolg geführt.
Dabei kam ihm sehr zugute, dass er viel Freude daran hatte und hat, Menschen zusammen zu bringen. Er hat ein unfassbar großes nationales und internationales Netzwerk, auf dass er zurückgreifen kann. Er ist der Grandseigneur im Hintergrund, der so manchen Impuls für die Segelwelt gegeben hat, der diplomatisch dazu beitrug, Spannungen geräuschlos aufzulösen. Der selbstlos seine exzellenten, zumeist persönlichen Kontakte, in den Dienst der jeweiligen Sache stellte und heute noch stellt. Unsere heutige Veranstaltung wäre ohne in kaum denkbar.
Diese besondere Gabe muss es gewesen sein, die auch Berthold Beitz veranlasst hat, ihm bei den Olympischen Spiele 1972, die Aufgabe zu übertragen, die politischen Beziehungen für ihn zu koordinieren. Er hätte keinen Besseren finden können. Auch auf seinen Reisen an Bord der „Germania VI“ war er später ständige Crew und Botschafter in aller Welt.
Er hat sich dann auch als Wettfahrtleiter einen Namen gemacht. Sowohl in Deutschland, als auch während seiner beruflichen Aufenthalte in Kanada und den USA. Seine Verbindungen zum RORC, als einer der wenigen Deutschen, haben uns in der Heimat sehr genutzt. Über den British Kiel Yacht Club hatte er auch Kontakte bis in die höchste britische Admiralität.
Er hat damals auch zusammen mit Volker Andrae auf der „Inschalla“ gesegelt, auf einem Schiff auf dem es immer nur Vollgas gab. Als Ausgleich sind wir dann häufig auf der „Katinka“ unterwegs gewesen, die ihm Erhard Brinkmann zur Verfügung stellte. Mit Ihr haben wir dann wieder die Ostsee erkundet und herrliche Touren, auch durch den Götha-Kanal, getätigt.
Aber unser Preisträger wäre nicht der, der er ist, wenn er nach dieser aktiven Zeit die Hände in den Schoß gelegt hätte. Er hat unter anderem Peter Tamm und später Pipo Tamm im Maritimen Museum unterstützt. Er hat sich nebenbei in den Jahren ein umfangreiches Archiv zugelegt, dass bis zu den Wiederaufbaujahren des NRV in den späten 40igern und 50gern Jahren zurückreicht. Man kann ohne Übertreibung sagen: Hast Du eine Frage zur Geschichte des Segelns – Frage ihn.
Ohne Menschen wie ihn, die sich immer wieder einbringen und Aufgaben übernehmen, ohne im Rampenlicht zu stehen, wären wir viel ärmer dran. Es würden keine Regatten stattfinden, unseren Vereinen würde die Seele fehlen und die Begeisterung für unseren Sport würde auf der Strecke bleiben.
Er hat immer die Welt nach folgendem Leitspruch betrachtet:
- Das meiste ist verboten
- Das Wenigste ist erlaubt
- Die Wahrheit wird gerne verschwiegen
- Die Lüge wird geglaubt
Und dann mok wi dat, wat wi denken
Wenn wir also heute ihm den Lifetime Award verleihen, so ehren wir einen Mann, der sich während seines ganzen Lebens nicht nur der Segelei verschrieben hat, sondern auch deren Ermöglichung. Sein Wirken ist für die Seglerwelt ein nachhaltiger Impuls – die Segelwelt ist ihm zu Dank verpflichtet.