NRV Team HEAT – Was gehört zum Einstieg in die Profiklasse?

Im August und bei perfektem Wetter konnten wir endlich die Taufe der neuen HEAT auf unserem Clubgelände an der Alster feiern. So wurde mit Bier, gegrillter Wurst, Freunden, Sponsoren und mit Hygiene-Konzept das neue Boot vom Typ Melges32 getauft. Dieses Event war unser Start in diese durchaus ungewöhnliche Segel-Saison.

Rückblick

Vor rund einem Jahr haben wir uns schweren Herzens von unserer Farr 30 getrennt. Diese hatten wir 2013 gekauft, im Team grunderneuert und sind mit ihr quer durch Europa gefahren, um damit bei etlichen internationalen Regatten sowie Welt- und Europameisterschaften erfolgreich teilzunehmen.

2019 „Vision einstig in die Profiliga.“ Wie geht’s das?

Schon Ende 2018 hatten wir mit einem Bootswechsel zurück Richtung OneDesign geliebäugelt. In der bisherigen Bootsgröße und Teamstärke sowie im Rahmen des uns zur Verfügung stehenden Budgets gibt es nicht viele Klassen. Der Einstieg der Firma Akquinet und der Tochterfirma Implays in unser Netzwerk, machte Ende 2019 den Weg frei für die Melges32 Klasse. Damit waren wir unserem eigentlichen Ziel einen Schritt näher: auf professionellen Niveau OneDesign zu segeln.

Möglich war unser Projekt und der immer professioneller werdende Anspruch über die Zeit nur durch das Netzwerk an Partnern und Sponsoren, mit denen wir wachsen konnten. Zum Daily Business gehört neben der Pflege der bestehenden Partner auch die zeitintensive Neuakquise. Dabei sind Equipment-Sponsoren genauso wertvoll wie monetäres Sponsoring. Zu den Events haben wir mit Felix Diemer immer einen professionellen Yachtsport Fotografen dabei. So können wir gewährleisten, dass unsere Partner und deren Marketingabteilungen mit tagesaktuell hochwertigen Foto- und Videomaterial versorgt werden.

Eine Saison unter Corona

Wir kauften kurz vor Weihnachten 2019 eine gebrauchte Melges32. Diese stand wie fast alle Boote, viel länger in der Halle als wir das anfangs geplant hatten. Statt einem ersten Training über Ostern 2020 und anschließender Regatta in Scarlino, Italien, bestritten wir das erste nennenswerte Training erst Ende Juni auf der Kieler Förde. Immerhin.

Noch im März schien eine Segelsaison im schwer von der Pandemie gebeutelten Italien undenkbar. Im August, direkt nach der Taufe, ging es dann aber tatsächlich nach Sardinien. Der Veranstalter der Melges World League hatte in Abstimmung mit den Teams unglaublich schnell reagiert und das scheinbar Unmögliche möglich gemacht: sie schafften es ein Segelevent zu organisieren, bei dem 13 Teams aus 7 Nationen, unter Einhaltung der Hygienevorgaben auf höchstem Niveau gegeneinander segeln konnten. Dabei waren wir wohl in Europa die ersten, die in diesem Jahr eine Weltmeisterschaft auf dem Wasser ausgetragen haben. Eigentlich ein Traum, aber eine Herausforderung, wenn man bedenkt, dass wir mit dem neuen Boot kaum trainieren konnten. Umso fokussierter wurde jede einzelne Stunde auf dem Wasser, sowie vor und nach dem Segeln an Land genutzt. Manövertraining, Riggtrimm, Settings und diverse Segel mussten ausprobiert, dokumentiert und in entsprechende Trimmtabellen überführt werden.

Dann traten wir motiviert die zwei-wöchige Italienreise an: Über Vierzig Stunden Auto- und Fährfahrt nach Villasimius, Süd-Sardinien. In der ersten Woche wollten wir trainieren. So stand für uns das erste Boat-to-Boat Training mit der Melges überhaupt auf dem Plan. Die ersten Tage im Training waren geprägt von kräftigem Wind. Viel Wind lag uns schon in der Farr30. Und auch in der Melges können wir auf Anhieb bei viel Wind mit den Topteams zumindest beim Speed mithalten. Die Manöver waren zum Teil noch ausbaufähig.

Die Melges mag im ersten Moment wenig komplex erscheinen. Dennoch hat es das Boot in sich: Ein verstellbarer Ruderwinkel, sowie eine Hydraulik, mit welcher während der Rennen die Riggspannung verstellt werden darf, machen das Trimmen zu einer agilen Angelegenheit. Dazu sind einige Positionen noch mal physisch anspruchsvoller als auf der ohnehin schon sportlichen Farr30. Das Main ist rund 30% größer, der Gennaker satte 50%. Dafür ist die Melges auch signifikant schneller und vor allem: deutlich nasser. Der Downwind ist ein Vollwaschgang erster Güte.

Die Melges32 Klasse wird von Profis dominiert. Nur rund jedes fünfte Team segelt ohne Profi an Bord. Die Klasse verfolgt den Ansatz des „Owner Driver“, wie die TP52 Klasse, in der Harm Müller-Spreer mit Platoon erfolgreich antritt. Der Eigner des Bootes muss steuern. Diese Position darf als einzige nicht von einem Profi übernommen werden. Die Frage nach einem Profi an Bord und einem Bootsmann wird und wurde auch bei uns immer wieder diskutiert. Wir haben uns aber bisher bewusst dagegen entschieden. So starten wir als Corinthian Team. Was macht jedoch ein professionelles Team aus? Das Segeln an sich ist eine Sache, die Planung und Logistik drum herum in einer Profi-Liga, eine andere. Dafür muss bei uns jeder aus dem Team abseits des Segelns festgelegte Aufgaben übernehmen. Die Organisation des Tagesablaufs während eines Regattatages beginnt beim Frühstück mit einem ersten Wetterbriefing und endet mit den letzten Vorbereitungen für den nächsten Tag. Zu neunt zu Reisen bedarf einer perfekt strukturierten Logistik. Dabei handelt es sich doch eigentlich nur um ein Hobby, das für uns aber so viel mehr ist. Professionell, aber ohne Bezahlung.

Unser neugewählter Offshore Vorstand Bendix Hügelmann hat hierzu einen treffenden und lesenswerten Artikel in der Ausgabe 03/2020 verfasst.

Nach einer intensiven Trainingswoche starteten am Samstag die Pre-Worlds mit drei Wettkampftagen und drei Rennen pro Tag. Bei den Pre-Worlds kamen wir richtig gut in die Regattaserie und konnten auch mit einem Tagessieg an einem Starkwindtag überzeugen. Das selbst gesteckte Ziel für das Event haben wir erreicht.

In den folgenden vier Tagen der Weltmeisterschaft mit ebenfalls drei geplanten Rennen pro Tag, waren wir gewillt noch einen drauf zu legen und legten die Latte der Erwartungen ein paar Plätze höher. Allerdings waren wir damit nicht die einzigen. Auch die Profis legten noch mal ordentlich einen drauf, inklusive neuer Segel. So blieben wir vom Ergebnis hinter unseren eigenen Erwartungen zurück, konnten aber wertvolle Wasserstunden und Learnings mitnehmen.

Event drei in Scarlino verlief trotzdem mehr als bescheiden, aber auch der Umgang damit gehört in einer Klasse mit diesem hohen Niveau dazu. Crew und Material müssen perfekt eingespielt sein, um hier bestehen zu können.

Ausblick 2021

Auch wenn zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob im kommenden Jahr wieder normal gesegelt wird, hat die Melges World League einen vorläufigen Saisonplan für 2021 herausgegeben, welchen wir als Grundlage für Planung nehmen. Im Winter wird das Boot im Rahmen der Regeln überarbeitet und bereits im April fahren wir dann hoffentlich mit unserem Werkstattwagen, Teambus und Boot ans Mittelmeer, um wieder anzugreifen.

An dieser Stelle möchten wir allen Sponsoren und Partnern danken, die uns auf dem Weg begleiten und dieses Projekt möglich machen.

Wir wünschen Ihnen liebe Mitglieder, eine fröhliche, besinnliche und gesunde Vorweihnachtszeit.

Euer Team HEAT

Bilder ©Felix Diemer

Weitere Bilder und Videos findet Ihr unter:

Heat.sailing bei Instagram, Facebook und Youtube